Hofgeschichte

Der Körtgehof – ein Haus mit GESCHICHTE

Im Frühjahr 1898 wurde der Körtgehof in der Fürstenberger Feldflur errichtet. Damals gab es hier weit und breit noch kein einziges Haus, keinen Strom, keine öffentliche Wasserversorgung. Nur mit Spaten, Schüppe, Hacke und Brecheisen im Gepäck zog der Bauherr los, um ein kleines Paradies auf diesem schönen Fleckchen Erde zu schaffen.

Mit dem Körtgehof, der in einigen Flurkarten auch mit seinem ursprünglichen Namen „Haus Körtge“ zu finden ist, wurde die Region vor den Toren Fürstenbergs (das so genannte Sintfeld) zum ersten Mal besiedelt. Weitere Höfe sollten erst viel später folgen. Woher stammt der Name „Körtge“? In einem alten Lexikon fand ich dazu den Hinweis, dass dies eine Ableitung vom plattdeutschen Wort „kögge“, also Kuh, sei. Das könnte in der Tat einen Sinn ergeben, denn auf der heutigen Landstraße, die an unserem Hof vorbeiführt, wurden früher vom Dorfhirten die Kühe bis ins Dorf getrieben. Da gab es noch keine befestigte Strecke, sondern nur matschige Wege. Na ja, und die Hinterlassenschaften der Kühe natürlich.

Ursprünglich gehörten etwa 90 Morgen Land zum Hof dazu. Ein Morgen Land, das ist so viel Fläche, wie man mit dem Pferd an einem Vormittag pflügen kann. Daher kommt der Name für diese Maßeinheit, die umgerechnet etwa einer Fläche von 2.500 Quadratmetern entspricht. Früher hatte man ja noch keine Landmaschinen so wie heute. Da wurde das Pferd stattdessen vor den Pflug gespannt.

Die Bauernfamilie, die den Hof in erster Generation mit eigener Hände Arbeit Stein auf Stein aufgebaut hat, besaß Pferde, um die schwere Landarbeit auf den Feldern zu verrichten, sowie einige Milchkühe, Schweine und Federvieh. Auch ein Hund gehörte dazu. So lebte die Familie dort viele, viele Jahre. Die Kinder vom Körtgehof wurden erwachsen und bewohnten das große Haus schließlich mit ihren eigenen Kindern. In der Küche stand (und steht heute wieder) die riesige, von Onkel Johannes selbst gezimmerte Bank. Er war Schreiner, und seine alte Werkstatt ist auch heute noch vorhanden. Ja fast scheint es so, als habe er sie gerade eben erst verlassen. Einer seiner Brüder, Onkel Franz, war Maurer. Einen handwerklichen Beruf zu erlernen, stand damals hoch im Kurs. Auch war es für die Kinder selbstverständlich, dass sie bei der Arbeit auf dem Hof mithalfen – schon früh ging es aus den Federn und erst in der Dunkelheit wieder ins Bett. Das waren harte, aber auch sehr schöne Zeiten.

Jedes Familienmitglied hatte seinen festen Platz auf unserer Küchenbank. Auch gab es einen mit Holz beheizten Küchenherd („Oma’s Kochmaschine“) mit abnehmbaren Herdplatten, in die man ein drehbares Waffeleisen über dem Herdfeuer einhängen konnte. Am Fenster befand sich ein Spülstein und das Abwasser versickerte in einer Grube vor dem Haus. Das Wasser zum täglichen Leben wurde mit einem Eimer aus dem Ziehbrunnen hochgezogen. Erst in den 1970er-Jahren wurde der Körtgehof an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Dieses besondere Ereignis war für die Familie Grund genug, mit ihren Nachbarn ein großes Lichterfest zu feiern.

Aber es kamen die Jahre, da die Eltern nicht mehr die Kraft fanden, ihren Hof alleine zu bewirtschaften. So wurde er schließlich an einen ihrer Söhne übertragen, damit er ihn weiterführen sollte. Dieser Plan ging jedoch nicht lange auf, denn schon wenige Jahre später verkaufte der Sohn zunächst das Land und schließlich auch den Hof. Ein junges Paar erwarb nun das Anwesen, um sich den Traum vom Leben auf dem Lande zu verwirklichen. Viele Tiere zogen mit ihnen ein – Pferde, Hunde, Katzen, Vögel, Schafe und sogar ein Pfau. Es wurde mit der Renovierung des Wohnhauses begonnen. Zusätzlich zu einer Holzzentralheizung hatte man einen Ölkessel eingebaut und die alten, einfach verglasten Fenster ausgetauscht.

Anfang 2006 stand der Hof dann erneut zum Verkauf. Als wir ihn zum ersten Mal besichtigten, war tiefster Winter und wir haben uns durch Berge von Schnee gekämpft. Auch war uns bewusst, dass es noch jede Menge zu tun gab (und immer noch gibt), um dem Körtgehof den Glanz vergangener Tage wieder zurückzugeben. Erhalten und bewahren – so lautet mein Leitsatz. Es ist halt ein Hof mit langer Geschichte, wo es immer wieder Neues zu entdecken gibt, da die Vergangenheit ihre Spuren und Erinnerungen selbst in den kleinsten Dingen hinterlässt. Ein Stück Heimat im Sintfeld eben.

Gerne begeben wir uns auch heute noch auf Spurensuche. Und wer weiß, vielleicht begegnen uns dabei ja auch Onkel Franz und sein Bruder Johannes, der eine mit Maurerkelle, der andere in seiner Schreinerschürze.